• zu VG Arnsberg , Entscheidung vom 06.07.2017 - 7 K 2009/16; 7 K 2014/16

In Menden haben sich Anwohner erfolglos gegen die Umbenennung zweier Straßen gewehrt, deren Namen einen Bezug zum Nationalsozialismus aufweisen. Laut Verwaltungsgericht Arnsberg fehlt es an einer Verletzung der Anlieger in schützenswerten subjektiven öffentlichen Rechten (Entscheidungen vom 06.07.2017, Az.: 7 K 2009/16 und 7 K 2014/16).

Ausschuss der Stadt Menden beschloss Umbenennung

Konkret geht es um die Umbenennung der Ina-Seidel-Straße und der Maria-Kahle-Straße, die nach einem Beschluss des Ausschusses für Umwelt, Planen und Bauen der Stadt Menden in Zukunft Otto-Weingarten- beziehungsweise Helene-Pellmann-Straße heißen sollen. Der Beschlussfassung lag ein Vorschlag der von der Stadt Menden eingesetzten Kommission zur Umbenennung Mendener Straßen mit Bezug zum Nationalsozialismus zugrunde.

Weites Ermessen der Kommunen hinsichtlich Straßenumbenennungen

Das Straßen- und Wegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen stellt die Entscheidung über die Umbenennung einer Straße in das Ermessen der jeweiligen Kommune. Die Anlieger einer Straße können gegen eine geplante Straßenumbenennung nur Verstöße gegen gesetzliche Normen geltend machen, die zumindest auch ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind. Zudem steht der Kommune bei der Entscheidung über die Umbenennung einer Straße grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu. Die gerichtliche Überprüfung ist daher begrenzt auf die Fragestellung, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde.

VG weist Klagen ab

Die vorliegenden Klagen blieben ohne Erfolg, weil die Kläger durch die beschlossenen Straßenumbenennungen aus Sicht des VG nicht in schützenswerten subjektiven öffentlichen Rechten verletzt und Ermessensfehler der vorstehend beschriebenen Art nicht festzustellen sind.

Frage ausreichender Würdigung Seidels und Kahles nicht drittschützend

Soweit sich die Kläger zur Begründung ihrer Klagen auf die Verletzung von verfahrensrechtlichen Vorschriften bei der Beschlussfassung durch den zuständigen Ausschuss berufen haben, hat das VG schon den drittschützenden Charakter der jeweiligen Vorschriften verneint. Drittschützend sei auch nicht der Aspekt, ob der Ausschuss im Rahmen der Beschlussfassung die Persönlichkeiten Ina Seidel sowie Maria Kahle – insbesondere auch im Hinblick auf die Frage nach einer hinreichenden Distanzierung vom Nationalsozialismus nach 1945 – umfassend gewürdigt habe. Dessen ungeachtet sei die Entscheidung des Ausschusses, sich den Empfehlungen der Kommission anzuschließen, die in beiden Fällen eine ausdrückliche Distanzierung vom nationalsozialistischen Gedankengut nicht gesehen habe, aber auch von dem der Kommune eingeräumten weiten Ermessensspielraum gedeckt.

Umbenennung aus Gründen öffentlicher Ordnung ermessensfehlerfrei

Die Stadt Menden gehe zudem ermessensfehlerfrei davon aus, dass die Umbenennungen der Straßen aus Gründen der öffentlichen Ordnung erforderlich seien. Zur öffentlichen Ordnung gehöre die Gesamtheit ungeschriebener Ordnungsvorstellungen, deren Beachtung nach mehrheitlicher Anschauung unerlässliche Voraussetzung des Zusammenlebens sei. Dem unterfalle auch die mit der Umbenennung der Straßen intendierte Distanzierung vom Nationalsozialismus. Die schützenswerten Interessen der Kläger, die sich aus dem mit der Straßenumbenennung einhergehenden Erfordernis ergäben, Dritte von der Anschriftenänderung zu benachrichtigen und Personalausweise, Kraftfahrzeug-Zulassungspapiere sowie Briefköpfe, Visitenkarten etc. ändern zu lassen, habe die Stadt Menden in rechtlich nicht zu beanstandender Weise in ihre Ermessensentscheidung einfließen lassen.

Zulassung der Berufung auf Antrag möglich

Gegen die Entscheidungen kann jeweils ein Antrag auf Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen gestellt werden.

Weiterführende Links

Aus der Datenbank beck-online

BayVerfGH, Umbenennung einer Straße – (Bischof) "Meiser-Straße", NVwZ-RR 2013, 1

VGH München, Umbenennung einer Straße, NVwZ-RR 1996, 344

Ennuschat, Von Thälmann zu Adenauer - Schildersturm im Osten - Rechtliche Überlegungen zu der Welle von Straßenumbenennungen in den neuen Bundesländern, LKV 1993, 43

Aus dem Nachrichtenarchiv

VGH München, Meiserstraße in München darf in Katharina-von-Bora-Straße umbenannt werden, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 03.03.2010, becklink 299411

Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 13. Juli 2017

Juli 2017