Der VGH Kassel hat den Anspruch eines Arbeitgebers auf Ersatz von Lohnfortzahlungen gegen die Gemeinde wegen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers bejaht, der als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr an Abrissarbeiten am Feuerwehrgerätehaus teilgenommen hatte.

Die Klägerin ist die Arbeitgeberin eines Mitglieds der Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr der beklagten Gemeinde Wohratal (Ortsteilfeuerwehr Langendorf). Die Gemeinde wehrt sich mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung gegen die in erster Instanz erfolgreiche Klage der Klägerin auf Ersatz von Lohnfortzahlungen wegen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit dieses Arbeitnehmers. Am Samstag, dem 03.05.2014, hatte der Arbeitnehmer bei Bau- bzw. Abrissarbeiten am Feuerwehrgerätehaus Langendorf einen Unfall, bei dem er Rippenbrüche erlitt und in dessen Folge er für sechs Wochen arbeitsunfähig war. Die feuerwehrdienstliche Veranlassung der Arbeiten ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Kosten der Heilbehandlung des Arbeitnehmers übernahm die kommunale Unfallversicherung, nicht jedoch die Kosten, die der Klägerin für die Lohnfortzahlung (5.860,33 Euro) entstanden sind. Die Gemeinde hatte gegenüber der Klägerin die Erstattung mit der Begründung abgelehnt, der Unfall habe sich nicht während des Feuerwehrdienstes, sondern bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Rahmen des Umbaus des Gerätehauses durch Bürgerinnen und Bürger sowie durch den Feuerwehrverein ereignet.

Mit Urteil vom 25.02.2016 hatte das VG Gießen die Gemeinde verurteilt, an die Klägerin 5.860,33 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Ausgleich der Lohnfortzahlungskosten für den Arbeitnehmer aus übergegangenem Recht zu.

Der VGH Kassel hat das Urteil des VG Gießen im Ergebnis bestätigt und die Berufung der Gemeinde zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Klägerin von der Gemeinde Zahlung in Höhe der Klageforderung aus § 11 Abs. 8 Satz 2 Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz (HBKG) verlangen. Nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen und den vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen stehe für den Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers i.S.v. § 11 Abs. 8 Satz 2 HBKG auf den Dienst in der Feuerwehr zurückzuführen sei. Die von ihm geleistete Arbeit im Zuge von Abbruch- und Umbauarbeiten am Feuerwehrhaus, die insoweit unstreitig die Arbeitsunfähigkeit bedingt habe, gehöre zum Dienst in der Feuerwehr. Der Begriff des Dienstes in der Feuerwehr bzw. des Feuerwehrdienstes sei im hessischen Brand- und Katastrophenschutzrecht nicht genauer definiert. Als Dienst in der Feuerwehr könnten im Einzelfall und zusätzlich zum enger definierten Bereich der nach außen gerichteten Tätigkeiten der Einsätze, Übungen und Ausbildungsveranstaltungen alle Tätigkeiten zählen, die intern zur Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Feuerwehrbetriebs erforderlich seien. Dies können nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalles neben der Pflege und Wartung von Ausrüstungsgegenständen, Fahrzeugen, Geräten und der Unterkunft auch Abbruch- und Umbaumaßnahmen am Feuerwehrhaus sein.

Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision ist die Beschwerde möglich, über die das BVerwG zu entscheiden hätte.

Quelle: Pressemitteilung des VGH Kassel Nr. 12/2017 v. 20.07.2017

Juli 2017