VG Neustadt: Ein zugemauertes Gebäude bleibt ein Gebäude

zu VG Neustadt a.d. Weinstraße , Urteil vom 26.01.2017 - 4 K 471/16.NW

Ein Gebäude, das wegen Verstoßes gegen Festsetzungen eines Bebauungsplans beseitigt werden muss, bleibt auch dann ein Gebäude, wenn es nachträglich zugemauert wird, um die Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans zu umgehen. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße entschieden und die Klage gegen eine Beseitigungsverfügung abgewiesen (Urteil vom 26.01.2017, Az.: 4 K 471/16.NW).

Gartenhaus mit Bebauungsplan nicht vereinbar

Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in einer Ortsgemeinde im Landkreis Bad Dürkheim. Das Grundstück ist bis zu 163 Mter tief und grenzt im Norden an Wald an. Es stand zuvor im Eigentum ihrer Eltern. Diese hatten im Jahr 2000 im hinteren Bereich des Grundstücks am Waldrand ein Gartenhaus mit Heizung errichtet. Der maßgebliche Bebauungsplan sieht unter anderem vor, dass Nebenanlagen, die Gebäude im Sinn der Landesbauordnung (im Folgenden LBauO) darstellen, nur innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen und/oder innerhalb der dafür ausgewiesenen Flächen zulässig sind. Das Gartenhaus befindet sich außerhalb dieser überbaubaren Grundstücksfläche.

Klage gegen Abrissverfügung erfolglos

Bei einer Ortskontrolle im August 2004 erhielt der beklagte Landkreis Kenntnis von der Errichtung des Gartenhauses. Im Jahr 2007 übertrugen die Eltern der Klägerin das Grundstück. Nachdem der Beklagte vom Eigentümerwechsel Kenntnis erlangt hatte, forderte er von der Klägerin im Juni 2010 die Beseitigung des Gartenhauses. Die dagegen von der Klägerin erhobene Klage blieb in zwei Instanzen erfolglos.

Tochter lässt Tür und Fenster des Gartenhauses zumauern

Im Oktober 2012 erließ der Beklagte gegenüber den Eltern der Klägerin zwei jeweils gleichlautende Verfügungen, wonach diese die gegen ihre Tochter gerichtete Beseitigungsanordnung in vollem Umfang zu dulden hätten. Dagegen setzten sich die Eltern der Klägerin rechtlich zur Wehr, was in zwei Instanzen ohne Erfolg blieb. Im Oktober 2014 ließ die Klägerin Tür und Fenster des Gartenhauses zumauern. Sie stellte in der Folgezeit einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens mit der Begründung, das Gartenhaus stelle ab sofort kein Gebäude im Sinne der LBauO mehr dar. Daher dürfe die bestandskräftige Beseitigungsverfügung nicht mehr vollstreckt werden.

Gebäude auch mit zugemauerten Fenstern und Türen

Nach Ablehnung des Antrags der Klägerin und erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin im Juni 2016 Klage erhoben. Ohne Erfolg, wie sich jetzt zeigte. Dem Argument der Klägerin, dass das Gebäude durch das Zumauern seine Gebäudeeigenschaft verloren habe, teilte das VG nicht und wies die Klage nun ab. Die Vierte Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße stellte klar, dass die beklagte Behörde es zu Recht abgelehnt habe, das bestandskräftig abgeschlossene Verfahren gegen die Beseitigungsverfügung neu aufzurollen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe sich an der festgestellten materiellen Illegalität des Gartenhauses nichts dadurch geändert, dass dessen Tür und Fenster nachträglich zugemauert worden seien.

Voraussetzungen für ein Gebäude

Denn das Gartenhaus unterfalle im Ergebnis auch in der jetzigen Gestalt der maßgeblichen Regelung der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, so das Gericht weiter. So seien Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 LBauO nach der Legaldefinition selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden könnten und geeignet oder bestimmt seien, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Die vier im Gesetz genannten Begriffsmerkmale eines Gebäudes müssten kumulativ erfüllt sein, so das VG.

Potentielle Zugangsmöglichkeit ist ausreichend

Unabdingbare Voraussetzung für die selbstständige Benutzbarkeit eines Gebäudes sei dessen Betretbarkeit mittels eigenen Zugangs, betonte das Gericht. Dieser müsse groß genug sein, damit Menschen die Anlage in natürlicher, aufrechter Haltung betreten können. Die Gebäudeeigenschaft des Gartenhauses sei nicht dadurch entfallen, dass die Klägerin den Zugang zu dem Bauwerk zugemauert habe. Zwar könne es derzeit nicht betreten werden. Der Baukörper des Gartenhauses, das einen Durchmesser von etwa 4,50 Metern, eine Traufhöhe von rund 2,30 Metern und eine Firsthöhe von circa 3,50 Metern habe, habe aber weiterhin das Gepräge eines Gebäudes und verfüge nach wie vor über eine potentielle Zugangsmöglichkeit für einen Menschen in aufrechter Haltung.

Sinnlos erfolgte Umgestaltung ändert nichts an Gebäudeeigenschaft

Denn das Verschließen der Tür sei mit einem vergleichsweise geringen Aufwand rückgängig zu machen. Kein vernünftig denkender Mensch würde ein solches, in zugemauertem Zustand nutzloses Bauwerk errichten. Die Klägerin habe den Zugang zu dem Bauwerk vielmehr ausschließlich in der Absicht geschlossen, die Vollstreckung der bestandskräftigen Beseitigungsverfügung zu verhindern. Die sinnlos erfolgte Umgestaltung eines Gebäudes durch Zumauern des Zugangs, die keiner anderweitigen Zweckbestimmung des bisherigen Bauwerks diene, lasse daher die bauordnungsrechtliche Gebäudeeigenschaft nicht entfallen, so das Gericht.

Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 14. Februar 2017

Februar 2017