VG Koblenz: Kreis muss Schülerbeförderungskosten nach Streit über Länge des zumutbaren Weges übernehmen

zu VG Koblenz , Urteil vom 02.03.2017 - 4 K 1111/16.KO
 
Das Verwaltungsgericht Koblenz hat der Klage eines Schülers auf Übernahme der Fahrtkosten zu dem von ihm besuchten Gymnasium stattgegeben. Seinen Antrag auf Kostenübernahme hatte der beklagte Landkreis Neuwied mit der Begründung abgelehnt, der Schulweg zum nächstgelegenen Gymnasium sei mit 3.950 Meter – wenn auch geringfügig – weniger als 4 Kilometer lang. Doch ist dieser Weg nach Auffassung des Gerichts nicht zumutbar, weil er die Überquerung einer besonders gefährlichen Straße beinhaltet. Der kürzeste zumutbare Weg sei aber schon länger als 4 Kilometer. Daher habe der Schüler Anspruch auf Kostenübernahme (Urteil vom 02.03.2017, Az.: 4 K 1111/16.KO).

Sachverhalt

Der Landkreis hatte argumentiert, auch der unter 4 Kilometer lange Schulweg weise nach polizeilichen Erkenntnissen keine besondere Gefährlichkeit auf. Nach erfolglosem Widerspruch hat der Kläger gegen die Ablehnung der Kostenübernahme Klage erhoben. Die vom Beklagten zugrunde gelegte Entfernung könne nur unter Überquerung einer auf dem Weg liegenden viel befahrenen Straße, bei Inanspruchnahme einer sogenannten Überquerungshilfe, eingehalten werden. Dies sei insbesondere in den Wintermonaten zu gefährlich und von daher nicht zumutbar.

Schulweg muss für Schüler zumutbar sein

Die Klage hatte Erfolg. Der Kläger habe Anspruch auf Gewährung von Schülerbeförderungskosten für die Fahrt zu dem von ihm besuchten Gymnasium, urteilten die Koblenzer Richter. Nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen obliege es dem Beklagten, für die Beförderung der Schüler zu dem in seinem Gebiet gelegenen Gymnasium zu sorgen, wenn diese ihren Wohnsitz in Rheinland-Pfalz haben und ihnen der Schulweg ohne Benutzung eines Verkehrsmittels nicht zumutbar sei. Letzteres sei der Fall, wenn der Weg besonders gefährlich oder der kürzeste, nicht besonders gefährliche Fußweg zwischen Wohnung und Gymnasium länger als 4 km sei.

Schüler darf Zebrastreifen nutzen, auch wenn der Weg dann geringfügig länger wird

Hier sei der kürzeste zu berücksichtigende Fußweg entgegen der Annahme des Beklagten länger als 4 km. Mit Blick auf die besonderen Umstände des Falls sei davon auszugehen, dass der Kläger einen in der Nähe der Überquerungshilfe liegenden Zebrastreifen sachgerecht nutzen werde, um auf diesem Weg seinen Schulweg fortzusetzen. Ein Schüler dürfe eine sichere und für ihn mit Vorrang versehene Überquerungsmöglichkeit einer Überquerungshilfe (ohne Vorrang) vorziehen, wenn sie in deren Nähe liege und zudem – wie hier mit Blick auf den starken Verkehr – mit erheblichen Wartezeiten an der Überquerungshilfe zu rechnen sei. Damit verlängere sich im vorliegenden Fall der kürzeste, nicht besonders gefährliche Schulweg um zirka 190 Meter und sei daher insgesamt länger als 4 km. Da auch die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, stehe dem Kläger der Anspruch auf Übernahme der Beförderungskosten zu. Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

Quelle: Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 17. März 2017

März 2017