BVerwG: Beamter kann zu Rückzahlung durch Ehefrau erschlichener Beihilfe verpflichtet sein

zu BVerwG , Urteil vom 22.03.2017 - 5 C 4.16; 5 C 5.16

Hat ein beihilfeberechtigter Beamter seine Ehefrau ermächtigt, ihn in Beihilfeangelegenheiten zu vertreten und hat diese ohne Kenntnis des Beamten, aber unter seinem Namen Beschäftigte der Beihilfestelle durch Bestechung oder arglistige Täuschung veranlasst, unrichtige Beihilfebescheide zu seinen Gunsten zu erlassen, können diese zurückgenommen werden. Auch können die aufgrund dieser Bescheide antragsgemäß auf das Konto der Ehefrau überwiesenen Beihilfeleistungen von dem Beamten grundsätzlich zurückgefordert werden, obwohl er von diesen Zahlungen keine Kenntnis hatte. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 22.03.2017 entschieden (Az.: 5 C 4.16 und 5 C 5.16).

Bevollmächtigte Ehefrau reichte gefälschte Arztrechnungen ein
Der beihilfeberechtigte Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Beamter im Dienst des beklagten Landes Berlin. Seine Ehefrau wurde unter anderem wegen Bestechung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. In dem Urteil wird festgestellt, dass sie über Jahre hinweg in zahlreichen Fällen mit dem Namenszug des Klägers unterzeichnete Beihilfeanträge unter Beifügung gefälschter Zahnarztrechnungen eingereicht hatte. Diese Anträge wurden von einer Tante des Klägers, die als Sachbearbeiterin in der Beihilfestelle tätig war, entweder bewilligt oder in den Geschäftsgang gegeben. Die jeweils auf das in den Anträgen angegebene Konto der Ehefrau ausgezahlten Beihilfeleistungen in Höhe von insgesamt etwa 600.000 Euro hatten die beiden Frauen unter sich aufgeteilt.

Beihilfebescheide zurückgenommen und Beihilfe zurückgefordert
Ein gegen den Kläger wegen dieser Vorgänge eingeleitetes strafrechtliches Ermittlungsverfahren wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Das Landesverwaltungsamt Berlin nahm die betreffenden Beihilfebescheide insoweit zurück, als sie auf gefälschten Rechnungen beruhten. Mit gesondertem Bescheid forderte es die danach zu Unrecht gewährte Beihilfe von dem Kläger zurück. Während Klage und Berufung gegen die Rücknahme der Beihilfebescheide erfolglos geblieben sind, hat der Kläger mit seiner Klage gegen die Rückforderung der Beihilfeleistungen vor dem Verwaltungsgericht überwiegend Erfolg gehabt. Das VG hat lediglich auf einen Rückforderungsanspruch von knapp 200.000 Euro erkannt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.

Wegen zurechenbarer Bestechungs- und Täuschungshandlungen kein Vertrauensschutz
Das BVerwG hat die gegen die Rücknahme der Beihilfebescheide eingelegte Revision des Klägers zurückgewiesen, das den verbleibenden Rückforderungsbetrag betreffende Urteil des OVG hingegen aufgehoben. Die Rücknahme der Beihilfebescheide sei rechtmäßig. Der Kläger könne sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in deren Bestand berufen. Vertrauensschutz scheide kraft Gesetzes unter anderem aus, wenn der Verwaltungsakt durch Bestechung oder arglistige Täuschung erwirkt wurde. Das sei hinsichtlich der betroffenen Bescheide der Fall. Diese seien nach den zweifelsfreien Feststellungen in dem gegen die Ehefrau ergangenen Strafurteil überwiegend durch Bestechung einer Bediensteten des Beklagten und im Übrigen – wie das OVG angenommen hat – durch arglistige Täuschung herbeigeführt. Der Kläger müsse sich die von seiner Ehefrau vorgenommenen Bestechungs- und Täuschungshandlungen in Anwendung eines Rechtsgedankens des Zivilrechts zurechnen lassen, weil er seine Ehefrau beauftragt hatte, ihn in Beihilfeangelegenheiten zu vertreten.

Rückforderungsbescheid wegen Ermessensfehler rechtswidrig
Der Rückforderungsbescheid ist hingegen rechtswidrig. Das beruht laut BVerwG allerdings nicht schon darauf, dass der Kläger von den auf das Konto seiner Ehefrau überwiesenen Beihilfeleistungen keine Kenntnis hatte. Die Ehefrau habe in den Beihilfeanträgen angegeben, die Leistungen seien ihrem Konto gutzuschreiben. Da sie von dem Kläger umfassend mit seiner Vertretung in Beihilfeangelegenheiten beauftragt war, sei ihm auch diese Erklärung in Anwendung zivilrechtlicher Grundsätze mit der Folge zuzurechnen, dass er als derjenige anzusehen sei, der die Leistungen erhalten hat. Der Bescheid halte aber einer rechtlichen Prüfung deshalb nicht stand, weil die Rückforderung von Gesetzes wegen im Ermessen steht und das Landesverwaltungsamt wesentliche Gesichtspunkte, die gegen eine Rückforderung – wenn auch nicht zwingend – sprechen könnten, nicht gewürdigt habe. Insbesondere habe es nicht in seine Erwägungen eingestellt, dass der Kläger weder von den Bestechungs- und Täuschungshandlungen noch von den Zahlungen Kenntnis hatte.

Quelle: Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 23. März 2017

März 2017