BVerwG: Soldaten auf Zeit müssen Kosten für Bundeswehrstudium bei vorzeitigem Verlassen des Dienstes erstatten
zu BVerwG , Urteil vom 12.04.2017 - 2 C 16.16; 2 C 5.16; 2 C 8.16; 2 C 14.16; 2 C 15.16; 2 C 4.16; 2 C 23.16; 2 C 24.16; 2 C 29.16; 2 C 47.16; 2 C 48.16; 2 C 3.17; 2 C 1.17; 2 C 2.17; 2 C 9.17VerwG
Soldaten auf Zeit, die auf Kosten des Bundes ein Hochschulstudium absolvieren, die Bundeswehr jedoch vor Ablauf ihrer Verpflichtungszeit verlassen, sind grundsätzlich verpflichtet, dem Bund die Ausbildungskosten zu erstatten. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 12.04.2017 entschieden (Az.: 2 C 16.16, 2 C 5.16, 2 C 8.16, 2 C 14.16, 2 C 15.16, 2 C 4.16, 2 C 23.16, 2 C 24.16, 2 C 29.16, 2 C 47.16, 2 C 48.16, 2 C 3.17, 2 C 1.17, 2 C 2.17 und 2 C 9.17).
Soldaten auf Zeit quittieren nach Studium bei Bundeswehr vorzeitig den Dienst
Bei den Klägern handelte es sich um ehemalige Soldaten auf Zeit, die während ihrer Bundeswehrzeit auf Kosten des Bundes ein Hochschulstudium – überwiegend Humanmedizin – absolviert hatten. Nach der Verpflichtungserklärung der Kläger hätten diese für einen Zeitraum von rund zehn Jahren nach Abschluss des Studiums in der Bundeswehr als Sanitätsoffiziere Dienst leisten müssen. Die Kläger verließen jedoch bereits nach etwa zwei bis drei Jahren die Bundeswehr, um einer zivilen Berufstätigkeit nachzugehen.
Bund fordert Ausbildungskosten zurück
Der Bund forderte daraufhin von den Klägern das während des Studiums erhaltene Ausbildungsgeld von monatlich etwa 1.800 Euro sowie Fachausbildungskosten zurück, die nach dem Studium während der Tätigkeit als Sanitätsoffizier entstanden waren. Zur Begleichung der durchweg sechsstelligen Rückforderungssummen gewährte der Bund den Klägern im Rahmen des ihm zur Vermeidung von Härtefällen eingeräumten Ermessens Stundung und Ratenzahlung. Für die gestundeten Beträge wurde ein Zinssatz von 4% festgesetzt. Die dagegen gerichteten Klagen und Berufungsverfahren blieben größtenteils ohne Erfolg. Einige Verwaltungsgerichte senkten mit Blick auf die anhaltende Niedrigzinsphase den Zinssatz ab.
BVerwG: Rückforderung der Ausbildungskosten grundsätzlich rechtmäßig
Die teilweise umfänglich und teilweise nur wegen der Festsetzung von Zinsen zugelassenen Revisionen hatten zum Teil Erfolg. Grundsätzlich habe der Bund zu Recht das während des Studiums gewährte Ausbildungsgeld und die im Anschluss entstandenen Fachausbildungskosten zurückgefordert. Die gesetzlich vorgesehene Rückzahlungsverpflichtung verletze nicht das Eigentumsrecht des ehemaligen Soldaten, sondern stelle einen angemessenen Ausgleich für die berechtigten, jedoch enttäuschten Erwartungen des Bundes dar, dass ihm der Soldat die auf Kosten des Bundes erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Der Rückzahlungsverpflichtung komme auch eine verhaltenssteuernde Wirkung zu. Sie solle Soldaten davon abhalten, entgegen ihrer Verpflichtungserklärung vorzeitig ihren Dienst aufzugeben und so die Personalplanung und Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr zu gefährden. Das BVerwG bestätigte insoweit seine ständige Rechtsprechung.
"Abdienquote" zu berücksichtigen
In zwei Punkten hält das BVerwG jedoch eine Korrektur an der Berechnungspraxis der Bundeswehr für erforderlich. So sei es im Hinblick auf die Härtefallregelung ermessensfehlerhaft, wenn Zeiten, in denen approbierte Sanitätsoffiziere vollen Dienst als Arzt in einem Bundeswehrkrankenhaus leisteten, nicht zur Verringerung der Rückzahlungsverpflichtung führen (sogenannte Abdienquote). Dies gelte auch dann, wenn sie zu dieser Zeit eine einer zivilen Facharztausbildung ähnliche Fachausbildung erhalten. Maßgeblich sei allein, dass sie mit der ärztlichen Tätigkeit nach den Vorgaben der Bundeswehr die berechtigten Erwartungen des Bundes an ihre Dienstleistung als Arzt erfüllen.
Festsetzung von Zinsen rechtswidrig
Zudem sei die Festsetzung von Zinsen rechtswidrig, so das BVerwG weiter. Dafür fehle es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Die Ermessensvorschrift, die dem Bund den (Teil-)Verzicht auf die Rückforderung in Härtefällen erlaube, könne nicht herangezogen werden, um zusätzliche Belastungen wie Zinsen zu rechtfertigen.
Quelle: Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 12. April 2017
April 2017