Altersgrenze für Einstellung von Einsatz- und Vollzugsbeamten der Polizei europarechtskonform

zu EuGH , Urteil vom 15.11.2016 - C-258/15

Bei der Einstellung von Polizeibeamten des Baskenlands, die für die Wahrnehmung von Einsatz- und Vollzugsaufgaben vorgesehen sind, ist eine Altersgrenze von 35 Jahren angemessen und europarechtskonform. Das Vorhandensein besonderer körperlicher Fähigkeiten stelle eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung in Bezug auf solche Polizeibeamten dar, entschied der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 15.11.2016 (Az.: C-258/15).

Sachverhalt

Der Kläger wendete sich vor einem baskischen Gericht gegen eine Altersgrenze im Auswahlverfahren zur Einstellung von Polizeibeamten bei der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlands, nach der die Bewerber das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben durften. Der Kläger, der die Altersgrenze zu diesem Zeitpunkt schon überschritten hatte, sah eine rechtswidrige Beschränkung des Zugangs zu öffentlichen Funktionen und berief sich dabei auf die Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Da der Gerichtshof schon einmal im Jahr 2014 eine spanische Regelung, die das Höchstalter für die Einstellung von Beamten der örtlichen Polizei auf 30 Jahre festlegt, für rechtswidrig erklärt hatte, bat das in der Sache befasste Gericht den Gerichtshof um Klärung.

EuGH: Diese Altersgrenze ist nicht diskriminierend

Der Gerichtshof hat nunmehr entschieden, dass eine nationale Regelung nicht per se gegen das Unionsrecht verstößt, die vorsieht, dass die Bewerber auf Stellen für Polizeibeamte, die für die Wahrnehmung von Einsatz- und Vollzugsaufgaben vorgesehen sind, das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben dürfen. Zwar begründe eine solche Regelung offensichtlich eine Ungleichbehandlung wegen des Alters, da sie zur Folge habe, dass bestimmte Personen allein deshalb, weil sie das 35. Lebensjahr vollendet haben, eine weniger günstige Behandlung erfahren als andere Personen in vergleichbaren Situationen. Nach der Richtlinie über die Ungleichbehandlung wegen des Alters gelte es aber nicht als Diskriminierung, wenn ein mit dem Alter zusammenhängendes Merkmal, wie hier das Vorhandensein besonderer körperlicher Fähigkeiten, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstelle.

Aufgabenbereich erfordert besondere körperliche Fähigkeiten

Im Polizeidienst des Baskenlandes gehe es um Aufgaben betreffend den Schutz von Personen und Sachen, die Festnahme und Ingewahrsamnahme von Straftätern sowie den präventiven Streifendienst. Diese Natur dieser Aufgaben mache besondere körperliche Fähigkeiten erforderlich, da körperliche Schwächen bei der Ausübung dieser Tätigkeiten beträchtliche Konsequenzen für die Polizeibeamten, Dritte und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung haben könnten. Das Vorhandensein besonderer körperlicher Fähigkeiten sei insofern als wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Ausübung des Berufs des Polizeibeamten im Baskenland anzusehen. Dies sei nicht vergleichbar mit den Aufgaben, die einer örtlichen Polizei zugewiesen sind.

Auswahlkriterien mit Blick auf Überalterung der Polizei angemessen

In Anbetracht der massiven Überalterung der Polizei bestehe zudem die Notwendigkeit, Vorkehrungen für eine schrittweise Ersetzung der ältesten Beamten durch die Einstellung von jüngerem Personal zu treffen. Ein junger Beamter sei in der Lage, die körperlich anstrengenden Aufgaben effizienter zu erfüllen, was im Übrigen genau der Grund dafür sei, dass die Beamten dieser Polizei ab dem Alter von 56 Jahren von bestimmten Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch machen könnten (Verringerung der jährlichen Arbeitszeit, Befreiung vom Nachtdienst). Zur Wiederherstellung einer zufriedenstellenden Alterspyramide sei das Vorhandensein besonderer körperlicher Fähigkeiten deshalb dynamisch zu beurteilen, das heißt, unter Berücksichtigung der Dienstjahre, die der Beamte nach seiner Einstellung absolviere. Insofern sei die Regelung auch als angemessen zu betrachten.

Quelle: Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 15. November 2016

November 2016